Diagnose: schwerste HD - was tun?
Von Harald Wenner
Bei der Diagnose "schwerste Hüftgelenksdysplasie" hörte man vor einigen Jahren vom Tierarzt oft den folgenden Satz: "Wir halten den Hund so lange schmerzfrei wie möglich und erlösen ihn dann von seinem Leid..." Doch das sieht heute schon ganz anders aus! Neben Therapien wie Muskelschnitt/Denervation, Entfernung des Femurkopfes (Gelenkkugel) u.ä. möchten wir hier die Möglichkeit der Hüftgelenktotalendoprothese vorstellen – die eigentliche „Heilung“ der HD.
Dies ist ein Erfahrungsbericht, der auf unseren persönlichen Erfahrungen beruht und sicherlich nicht für alle Hunde gleichermassen zutrifft.
Im Sommer 1997 wurde bei unserer Hündin "Nuca" (damals 4 ½ Jahre alt) schwerste HD auf beiden Seiten diagnostiziert. Im ersten Moment brach für uns eine Welt zusammen - Angst machte sich breit. Unsere Tierärztin beruhigte uns und berichtete von diversen Operationsmöglichkeiten.
Auf ihr Anraten, schickten wir die Röntgenbilder zu einem Tierarzt, der zwar seine Doktorarbeit über HD geschrieben hat, aber nicht selbst operiert. So war sichergestellt, dass wie eine objektive Meinung erhielten und uns dieser Arzt nicht "seine" Heilungsmethode verkaufen wollte.
Dieser Arzt riet uns - sofern wir uns mit diesem Gedanken anfreunden könnten - zu einer Hüftgelenkstotalendoprothese und empfahl uns auch gleich eine Klinik, die international einen sehr guten Ruf hätte.
Nach Beurteilung der Röntgenbilder in der Tierklinik Nürnberg riet man uns auch hier zur gleichen Operation. So wurde Nuca im September 1997 zunächst das rechte Hüftgelenk durch eine Prothese ersetzt. Im März 1998 wurde auch die linke Seite auf gleiche Weise behandelt.
Beide Operationen wurden ambulant durchgeführt - wir brachten Nuca morgens in die Klinik und durften sie am Nachmittag wieder mit nach Hause nehmen. Nuca kam uns beim Abholen entgegengelaufen! In der Regel wird von Hunden, die beidseitige HD haben, das zuerst operierte Bein schneller wieder belastet. Nach der zweiten OP wird das operierte Bein länger geschont. Dies liegt daran, dass dann eine Seite schon schmerzfrei ist und der Hund so das frisch operierte Bein länger schonen kann.
Bei kompliziert verlaufenden Operationen muss der Patient unter Umständen ein bis drei Tage stationär aufgenommen werden.
Die OP Bei dieser Methode wird die Gelenkpfanne durch eine künstliche Pfanne ersetzt, die in den Beckenknochen einzementiert wird. Der Kopf des Oberschenkelknochens wird abgetrennt und eine Prothese in den hohlen Oberschenkelknochen eingebracht.
Nachbehandlung An Nachbehandlung fällt nur eine Fieberkontrolle und die einmalige Gabe einer Antibiotika-Injektion am Tage nach der OP (alternativ 5 Tage orale Verabreichung) an. Nach zehn Tagen werden die Fäden gezogen. Dies kann von jedem niedergelassenen Tierarzt vorgenommen werden.
Bewegung Nach der OP darf der Hund für sechs bis acht Wochen nicht von der Leine gelassen werden. Man sollte das Tier beim Treppensteigen führen, damit diese langsam gelaufen werden. Nach dieser Zeit darf der Hund machen, was er möchte – auch Hundesport ist kein Problem. Über die Dauer einer Schonfrist wird sie der behandelnde Chirurg im Einzelfall beraten.
„Bewegungstraining“ nach einer Gelenksoperation
Um die Muskulatur auch bei einer längeren Schonfrist zu erhalten und zu kräftigen, hier ein „Trainingsplan“, der allerdings nur als Orientierungshilfe dienen soll und individuell angepasst werden sollte:
In den ersten Tagen nach der OP ist natürlich die körperliche Verfassung des Tieres ausschlaggebend. Laufen Sie kleine Strecken an der Leine und lassen Sie den Hund das Tempo bestimmen. Achten Sie auf einen trittsicheren, rutschfesten Untergrund. Sollten Sie einen sehr lebhaften Hund haben, der seine Auslastung einfordert, bieten sich hier zahlreiche Denk- und Suchspiele an.
Nach etwa einer Woche können die Strecken etwas ausgedehnt werden. Bleiben Sie noch auf festen Untergründen. Wenn Sie merken, dass Ihr Hund sicher läuft, gehen Sie auf Waldboden, Sand etc. Fangen Sie an, Ihren Hund in Schlangenlinien zu führen, z.B. um Bäume herum. Die Länge und das Tempo der Spaziergänge kontinuierlich dem Zustand des Hundes anpassen. Der Hund soll seine normalen Bedürfnisse wie Schnüffeln und Markieren ausleben dürfen. Begegnungen oder gemeinsame Spaziergänge mit ruhigen anderen Hunden sind natürlich möglich.
Ab der vierten Woche kann der Hund an langer Leine laufen und so wieder in die normalen Bewegungsabläufe zurückfinden. Spaziergänge in der gewohnten Länge sollten hier schon kein Problem mehr sein. Fangen Sie an, mit Ihrem Hund zu joggen, damit er auch in schnelleren Gangarten läuft.
Ca. ab der 8. Woche langsam wieder zum normalen Tagesablauf übergehen. Lauftraining am Fahrrad (traben) oder das Joggen kann langsam gesteigert werden. Leistungssport und Agility frühestens wieder nach 4 Monaten.
Schmerzen nach der OP Nuca hatte nach der OP keine nennenswerten Schmerzen! Nach ca. zehn Tagen lief sie bereits ohne zu lahmen. Ab diesem Zeitpunkt neigte sie zum Übermut und war selbst an kurzer Leine kaum noch zu bändigen.
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